HuB-Selbsthilfegruppe Bielefeld

Morbus Basedow

Was ist Morbus Basedow eigentlich?

Bei dieser Autoimmunerkrankung Ihres Körpers ist vor allem der sogenannte Regelkreis der Schilddrüse gestört, so dass es zu einer Überfunktion (Hyperthyreose) Ihrer Schilddrüse kommt. Sie bildet mehr Schilddrüsenhormone und schüttet auch mehr Schilddrüsenhormone in Ihr Blutserum aus. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

Hier finden Sie unsere Antworten auf häufig gestellte Fragen zu diesem Thema:

 

FAQ

Wodurch kommt es zu einer Störung des Regelkreises?

Die Schilddrüse will zur Produktion und Ausschüttung von Schilddrüsenhormonen „gebeten“ werden. Diese Aufforderung geschieht über den Blutweg durch das Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH) der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), einer übergeordneten Kontrollinstanz des Schilddrüsenhormonspiegels im Blut. Hat die Hirnanhangsdrüse nun festgestellt, dass der Hormonspiegel zu niedrig ist, schickt sie TSH in die Blutbahn. An der Schilddrüse angekommen, dockt dieses an den TSH-Rezeptoren der Schilddrüsenfollikelzellen an und der Produktions- und Ausschüttungsprozess beginnt. Wenn genügend Schilddrüsenhormone im Blut vorhanden sind, beendet die Hirnanhangsdrüse ihre TSH-Ausschüttung. Sie startet erst wieder mit ihrer Aufforderung zur Hormonproduktion an die Schilddrüse, wenn der Schilddrüsenhormonspiegel zu niedrig ist. Soweit zur Beschreibung des sogenannten Regelkreises.
Bei Ihrer Autoimmunerkrankung Morbus Basedow bildet der Körper TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK). Über den Blutweg erreichen auch diese die Schilddrüse. TRAK besetzen und blockieren die TSH-Rezeptoren der Schilddrüsenfollikelzellen. Da die Antikörper dem TSH so ähnlich sind, fühlen sich die Schilddrüsenfollikelzellen nun aufgefordert Schilddrüsenhormone zu produzieren und auszuschütten, allerdings unabhängig von der Regelkreissteuerung. So kommt es zu einer übermäßigen Produktion und Ausschüttung von Schilddrüsenhormonen.

Wie zeigt sich Morbus Basedow?

Das Schilddrüsenhormon fT3 (stoffwechselaktives, freies Trijodthyronin) regelt die Stoffwechselaktivität in den körpereigenen Zellen. Durch das Überangebot im Blut kommt es zu erhöhter Stoffwechselaktivität und gesteigertem Energieumsatz im Körper. Dabei variiert die Häufigkeit und Intensität der Symptome von Fall zu Fall. Als Hinweise auf eine Überfunktion beobachten Sie an sich Nervosität, Gereiztheit, verstärktes Schwitzen und zitternde Hände. Sie können über Schlafstörungen bei schneller Ermüdung klagen. Sie nehmen an Gewicht ab, obwohl Sie mit Appetit essen, und beobachten Durchfälle. Ihr Haarwachstumszyklus ist beschleunigt, so dass Ihre Haare ausfallen. Ihre Pulsfrequenz ist erhöht (Tachykardie). Sie haben Bluthochdruck. Vielleicht haben Sie manchmal Herzrhythmusstörungen.

Neben diesen Merkmalen der Schilddrüsenüberfunktion gibt es noch Symptome, die Hinweise auf die eigentliche Autoimmunerkrankung der Schilddrüse geben. Sie beobachten bei sich eine Vergrößerung der Schilddrüse (Struma), z.B. durch häufiges Räuspern, Zunahme der Kragenweite, Schluckbeschwerden oder Atembeschwerden. Leider können Ihre TRAK auch anderes Körpergewebe angreifen, das ebenfalls TSH-Rezeptoren ausweisen kann. Dazu gehört das Gewebe der Augenhöhle und der Lider. Auch hier kann es zu Entzündungen (endokrine Orbitopathie) kommen. Sie bemerken bei sich z.B. häufiges Augentränen, das Gefühl von Brennen und Fremdkörpergefühl, Druckgefühl hinter den Augen bis hin zum Hervortreten der Augäpfel, Farbsehbeeinträchtigung und Veränderung Ihrer Sehschärfe (Visusveränderung). Ihr Augenarzt wird Ihnen im Anfangsstadium unter der Diagnose milde Endokrine Orbitopathie empfehlen täglich 200 µg Selen einzunehmen.

Die plötzliche und lebensbedrohliche Entgleisung ihres Stoffwechsels nennt man Thyreotoxische Krise. Dabei befindet sich extrem viel fT3 in ihrem Blut. Neben den bereits beschriebenen Anzeichen einer Schilddrüsenüberfunktion können Sie, abhängig von der Schwere der Entgleisung, z.B. Rötung der Haut im Gesicht und Oberkörper (Flush-Symptomatik), Austrocknung i.S.v. Dehydrierung, Bewusstseinsveränderungen (Halluzinationen) oder eine Bewusstlosigkeit beobachten. Sie gehören dann sofort in ärztliche Behandlung!

Wie stellt mein Arzt die Diagnose?

Zunächst wird Ihr Arzt sich Ihre Beschwerden schildern lassen. Vielleicht wird er Ihnen auch sagen, dass seien alles „unspezifische Symptome“. Deshalb wird er zunächst vorschlagen, Ihr Blut zu untersuchen. Folgende Blutuntersuchungen sind bei einer Morbus Basedow-Erkrankung nach der Leitlinie Hyperthyreose mit der AWMF-Register Nr. 027/041 Klasse S1 sinnvoll:

  • TSH basal (grundlegendes, ohne Stimulation zu ermittelndes Thyreoidea stimulierendes Hormon): Die Bestimmung dieses Hormons gehört zur Basisdiagnostik einer jeden Schilddrüsenerkrankung. Nach Ansicht der Mediziner liegt bei einem Serumwert unterhalb des Normalbereiches eine Schilddrüsenüberfunktion vor. (Serumnormwerte sind laborabhängig, daher wird hier auf die Nennung des Referenzintervalls verzichtet)
  • T3 , T4 (Triiodthyronin, Thyroxin): Der größte Teil der Schilddrüsenhormone im Serum „schwimmt“ in einer gebundenen Form in unseren Blutbahnen. Die Bindung von T4 erfolgt an TBG (Thyronin-bindendes Globulin), TTR (Transthyretin) oder Albumin. Das weitaus größte Angebot der Transportbindungen stellen die TBGs dar. Auch das T bedient sich dieser Transportmittel im Blut. Allerdings ist ihr Anteil wesentlich geringer.
  • fT3, fT4 (stoffwechselaktives, freies Triiodthyronin, stoffwechselaktives, freies Thyroxin): Damit aus Tim Serum das für eine Stoffwechselaktion interessante fT4 wird, muss es sich von seinem „Transporter“ trennen. Dann kann es z.B. in der Leber deiodiert werden, d.h. in fT3 umgewandelt werden. Das fettlösliche fT3 wird für die Stoffwechselaktivität des Zellkerns einer jeden Körperzelle benötigt.
  • TRAK (Thyreotropin-Rezeptor-Antikörper oder TSH-Rezeptor-Antikörper): Diese Antikörper sind verantwortlich für die Erkrankung M. Basedow, da sie unmittelbar die Symptome der Erkrankung auslösen. Die Labormediziner unterscheiden zwei Formen dieser Autoantikörper:
    • Die stimulierenden Antikörper (thyroid stimulating antibodies, TSAb oder sTRAb)
    • Die blockierenden Antikörper (thyroid blocking/inhibiting antibodies, TBAb oder iTRAb).

Für den Verlauf der Erkrankung wird sich Ihr Arzt zurzeit in erster Linie auf die stimulierenden TRAK konzentrieren.

  • Ultraschall: Die sogenannte Sonographie ist ein schnelles, kostengünstiges Verfahren zur Beurteilung Ihrer Schilddrüse. I.d.R. erkennt Ihr Arzt im Zusammenhang mit dieser Erkrankung eine symmetrisch, diffuse Struma (Schilddrüsenvergrößerung) und eine auffällig echoarme Binnenstruktur. Differentialdiagnostisch ist deshalb nach echoarmer Schilddrüse immer eine Hashimoto Erkrankung abzugrenzen. Andere Schilddrüsenerkrankungen, die ebenfalls die Symptome einer Hyperthyreose zeigen, bilden das Schilddrüsengewebe nicht echoarm ab. Deshalb empfiehlt die Sektion Schilddrüse der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie diese Untersuchung nach dem TI-RADS (Thyroid Imaging Reporting and Data System). Studien haben ergeben, dass dies die zuverlässigste Methode ist Entzündungen von Zysten oder Tumoren zu unterscheiden.
  • Szintigraphie: Vielleicht möchte Ihr Arzt um andere Schilddrüsenerkrankungen auszuschließen noch eine Szintigraphie veranlassen. M. Basedow zeigt hier typischerweise eine diffuse, homogene Mehrspeicherung in einer symmetrisch vergrößerten Schilddrüse.
Wie behandelt mich mein Arzt?
  • Antithyreoidale Substanzen: Sofern Sie keine schwere immunologisch vermittelte Hyperthyreose, also eine Thyreotoxische Krise haben, oder z.B. eine Jodkontamination, wird Ihr Arzt Sie mit einem Niedrigdosiskonzept behandeln. Zunächst wird eine sogenannte Initialtherapie gestartet, gegebenenfalls in Kombination mit einem Betablocker. In dieser Zeit sollte alle drei bis vier Wochen eine Kontrolle der Blutwerte stattfinden, bis Sie eine ausgeglichene (euthyreote) Stoffwechsellage erreicht haben. Nun beginnt die Erhaltungstherapie kontinuierlich über ein Jahr mit einer niedrigdosierten antithyreoidalen Substanz. Jetzt reicht es, wenn Ihr Arzt die Blutwerte alle zwei bis drei Monate kontrolliert. Der TSH-Wert sollte dabei zwischen 0,4 und 1 mU/l liegen. Nach einem Jahr der Therapie mit diesem Medikament wird Ihr Arzt Ihnen vielleicht vorschlagen, das Medikament wieder abzusetzen. Bei manchen Betroffenen ist eine Heilung zu beobachten. Andere müssen die Therapie fortführen. Dabei wird Ihr Arzt vielleicht nach einem weiteren Jahr erneut über ein Absetzen des Medikamentes mit Ihnen nachdenken, da die Einnahme des Präparates auch Nebenwirkungen, wie Hautjucken (Pruritus), Hautausschlag (Exantheme), Schmerzhaftigkeit der Gelenke (Athralgien), Muskelschmerzen (Myalgien), Störung des Gallenabflusses (Cholestasen), und Geschmacksstörungen haben kann.
  • Radiojodtherapie: Diese Therapieform wird Ihnen i.d.R. vorgeschlagen, wenn nach einer medikamentösen Therapie keine Heilung zu beobachten ist. Womöglich möchten Sie aber in Ihrem Beruf auch verbeamtet werden. Dann schlägt Ihr Arzt Ihnen vielleicht die Radiojodtherapie vor, „damit der Spuk ein Ende hat“. Sie erhalten i.d.R. im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthaltes ein radioaktives Medikament mit Jodid. Dieses wird von der Schilddrüse verstoffwechselt. Die Strahlung des Medikamentes zerstört langsam das Schilddrüsengewebe. Ein Therapieeffekt tritt nach dem Krankenhausaufenthalt, ca. 2-3 Monate später ein. Wenn die Herddosis des Medikamentes zu niedrig dosiert wurde, kann es zu Rezidiven der Morbus Basedow-Erkrankung kommen. Es gibt aber auch bei Vielen nach Jahren das Phänomen der Späthypothyreose. Dann muss T4 eingenommen werden. Jährliche Blutkontrollen zur langfristigen Kontrolle sollten stattfinden.
  • Operation: Diese Therapieform wird Ihnen i.d.R. vorgeschlagen, wenn Sie eine sogenannte Basedow-Struma entwickelt haben. Die Operation gilt bei der einfachen Morbus Basedow-Erkrankung nicht als Therapieform der ersten Wahl. Das sieht anders aus, wenn Sie einen bösartigen (malignen) Tumorverdacht haben, eine Thyreotoxische Krise (s.o.) trotz medikamentöser Behandlung oder eine besonders große Struma, die andere Körperstrukturen in diesem Gebiet stark beeinträchtigt. Vor einer chirurgischen Intervention ohne o.g. Hintergrund sollten Sie mit antithyreoidalen Substanzen eine sogenannte euthyreoidale (ausgeglichene) Stoffwechsellage erreicht haben. Um eine Hypothyreose nach der Operation zu vermeiden, wird Ihnen T4 in Tablettenform verordnet. Auch bei dieser Therapieform sollten Sie zunächst nach einem und nach sechs Monaten, anschließend jedes Jahr nachuntersucht werden.
Welche sozialleistungsrechtlichen Konsequenzen kann M. Basedow für mich haben?
  • Aut-idem-Verordnung von Schilddrüsenhormonen: Schilddrüsenhormonmedikamente gehören zu den Präparaten mit einer sogenannten geringeren therapeutischen Breite und empfindlicher Verstoffwechselung sowie wirkstoffkritischer Dosierung. Die Substitution (Ersatz) von solchen Medikamenten durch ein Generikum (Nachahmpräparat) kann in der Medizin ausgeschlossen werden, wenn durch geringfügige Unterschiede in der Bioverfügbarkeit des Medikamentes Dosierungsprobleme beobachtet werden können. 2014 hat der Gemeinsame Bundeszuschuss Levothyroxin und Fixkombinationen aus Levothyroxin und Kaliumiodid auf die Austauschverbotsliste gesetzt. Ihr Arzt verordnet nun grundsätzlich „aut idem“. Es muss nicht mehr auf dem Rezept angekreuzt werden.
  • Grad der Behinderung (GdB) bzw. Grad der Schädigungsfolge (GdS): Der Anspruch auf die Einstufung ist in der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) nachzulesen. Hier wird die Meinung vertreten, dass Schilddrüsenerkrankungen gut behandelbar sind. Anhaltende Beeinträchtigungen seien i.d.R. nicht zu erwarten. Selten auftretende Organkomplikationen, wie z.B. die Orbitopathie, müssen gesondert beurteilt werden. Eine Struma fließt entsprechend ihrer funktionellen Auswirkungen, sprich der Beschwerden in diesem Zusammenhang, mit ein. Schilddrüsentumore werden entsprechend des Lymphknotenbefalls oder, nach Entfernung, entsprechend der verbliebenen Organschäden mit einem GdB bzw. GdS von 50-80 entsprechend der Heilungsbewährung in den ersten fünf Jahren berücksichtigt. Der chronische Verlauf einer Autoimmunerkrankung oder der Verlust eines lebenswichtigen Organs bleiben unberücksichtigt. Die autoimmune Erkrankung mehrerer (endokriner) Organe (autoimmuner Formenkreis) wird einzeln betrachtet.
  • Frühberentung bzw. Erwerbminderungsrente: Eine Frühberentung vor Ablauf von 45 Arbeitsjahren oder Erwerbsminderungsrente ohne Abschlag ist ohne die Anerkennung eines GdS schwer möglich.
  • Recht auf Rehabilitationsleistungen: Es ist nicht ganz einfach Leistungen, z.B. in Form einer Stationären Rehabilitation (Kur), abzurufen. Daher ist diesem Thema ein eigenes Kapitel gewidmet.

Hier finden Sie den Quellennachweis zu unseren Recherchen auf die häufig gestellten Fragen.

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